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Geschichte und Baugeschichte

Portiunkulakirche, Miesbach, Foto: A. LangheiterDie Portiunkulakirche wurde 1644 von Graf Wilhelm von Hohenwaldeck in seinem Testament gestiftet und 1659 von seinem Universalerben Max Graf von Kurz auf Senftenau errichtet. Sie ersetzte eine alte Kapelle, wobei für den Neubau als Patron der damals sehr beliebte Hl. Franz von Assisi gewählt wurde. Schon seit Anbeginn trägt sie aber nach der Kapelle Porziuncola in Assisi, dem Sterbeort des Hl. Franziskus, die Bezeichnung Portiunkulakirche.

 

Graf Wilhelm verband den Kirchenbau mit einem Benefizium, das seit 1789 mit dem Amt des Pfarrers in Personalunion übernommen wurde und schließlich 1855 ganz aufgelöst wurde. Bei seiner Pilgerfahrt nach Rom 1725/26 erhielt Pfarrer Seinsheim von Papst Benedikt XIII. die Bewilligung des Portiunkulaablasses für die Kirche, ein seltenes und noch heute gültiges Privileg.

 

Besondere Bedeutung für Miesbach erhielt das Kirchlein nach dem großen Stadtbrand von 1783. Es blieb wegen der damals abgelegenen Lage unbeschädigt und diente daher bis 1786 als Notkirche anstelle der zerstörten Pfarrkirche. Trotzdem wäre sie in der Folgezeit unter dem Eindruck der Aufklärung und einer kirchenfeindlichen Atmosphäre fast verschwunden: Nachdem am 19.11.1800 im Rahmen der Napoleonischen Kriege die Franzosen den Markt besetzten, errichteten sie vor der Portiunkulakirche ihr Lager, das sie erst am 20.5.1801 aufgaben. Der Kirchenraum soll damals als Pferdestall gedient haben. Im Zuge der Säkularisation wurde 1809 die Portiunkulakirche schließlich für entbehrlich eingestuft und auf Abbruch versteigert und durch die Marktgemeinde gerettet.
Erst 1832 wieder für den Gottesdienst eingerichtet, wurde das kleine Gotteshaus vorerst nur an Kirchweih und am Portiunkulafest genutzt.

Portiunkulakirche, Miesbach, Decke, Foto: J.M.Nach einer ersten Renovierung 1843 sorgte Pfarrer Joseph König 1861/62 für die komplette Neugestaltung nach dem Vorbild der Münchner Ludwigskirche im Nazarenerstil, ausgeführt vom Kunstmaler Alois Dirnberger und dem Dekorationsmaler Ludwig Hartauer.

Den Altar und die Chorstühle fertigte Anton Auer, die neue Orgel stammte von der Fa. Pröbstl in Füssen.

 

 

Im Jahre 1865 bezogen – wieder auf Initiative Pfarrer Königs – die Armen Schulschwestern das benachbarte Huberhaus und richteten hier ihr Kloster mit Mädchenschule ein. Bis zur Auflösung des Klosters 2005 betreuten sie die Kirche.

 

Portiunkulakirche, Miesbach,  Foto: J.M.1901 wurde ein geräumiger neuer westlicher Anbau errichtet, der nun die Orgelempore und eine Eingangshalle aufnehmen konnte. Nachdem die historistische Ausstattung im Jahre 1970 entfernt worden war, erfolgte 1989 die Wiederherstellung des historistischen Raumeindrucks, verbunden mit einem neuen Mobiliar, wobei der Gottesdienstraum erstmals als Zentralraum angeordnet wurde.

 

 

Seit 1972 gehört die Portiunkulakirche wieder der Pfarrkirchenstiftung.

 

 

Text: Alexander Langheiter, Auszug aus „900 Jahre Miesbach – Chronik & Kulturführer“, 2013